Familie Felicetti

Pasta-Pioniere mit Passion

Das Familienunternehmen Felicetti setzt auf biologische Nudelvielfalt

Für seine Idee, mitten in den Dolomiten auf 1000 Metern Höhe Nudeln herzustellen, wurde Unternehmensgründer Valentino Felicetti vor hundert Jahren eher belächelt. Die verkehrstechnisch benachteiligte Lage in Predazzo erwies sich später jedoch durchaus als Vorteil. Statt auf Masse setzte die traditionsreiche Pastificio frühzeitig auf Klasse und avanciert damit zum Pionier für hochwertige Bio-Pasta aus Italien.

Riccardo Felicetti liebt die Herausforderung. Die Lust, unbekanntes Terrain zu erobern, liegt der Familie offensichtlich im Blut. So startete der unternehmenslustige Italiener Ende der achtziger Jahre in Richtung Frankfurt, um den deutschen Lebensmittelhandel zu erkunden. Die Teigwarenfabrik seines Urgroßvaters erzielte damals bereits knapp die Hälfte des Umsatzes im deutschen Sprachraum. Der gesamte Export wurde über Agenten abgewickelt, da in der Familie niemand deutsch sprach. Diese Konstellation erschien dem Flicetti-Clan auf Dauer jedoch zu gefährlich. Und so entsandte der Familienrat einen Spross der vierten Generation zur Erkundung der Absatzmärkte gen Norden.

In einem konventionellen Lebensmittelgroßhandel arbeitete sich Felicetti vom Lagerarbeiter zur Managementebene hoch und erkannte schnell, dass im deutschen Handel in erster Linie der Preis zählt. „Die hohe Pasta-Kultur unseres mittelständischen Unternehmens hatte aufgrund ihrer Kostenstruktur im konventionellen Handel keine Chance“, so Felicetti. Mitte der Neunziger Jahre entschieden daher Riccardo und seine beiden Cousins Stefano und Paolo, in die Bioproduktion einzusteigen.  

„Es lief zunächst erst sehr zögerlich, der Markt war damals noch nicht reif“, erklärt Riccardo Felicetti. Als passionierter Bergsteiger betrachtete er die schwierige Anfangszeit jedoch als gutes Training. „Wir haben viel gelernt und unsere Lieferanten durch unsre Ansprüche gefordert. Unseren Level im Bereich Produktsicherheit erreichen viele Wettbewerber heute noch nicht. So wird bei uns kein Tank Laboranalyse abgeladen und der gesamte Warenfluss elektronisch dokumentiert“, erläutert Felicetti. Belohnt wurde die Pastificio für ihre Bemühungen um die Produktsicherheit mit einer Zertifizierung der englischen Handelskette Marks & Spencers. Als einziger Handelsmarken-Lieferant wird Felicetti namentlich auf der Packung aufgeführt. „Auf diese besondere Auszeichnung sind mein Vater und ich sehr stolz.“  

Mit ihrer hundertjährigen Erfahrung in der Pastaherstellung steht der Name Felicetti für Nudelvielfalt. „Pasta ist eine Phantasiegeschichte“, erklärt Felicetti. Neben traditionellem Hartweizen verarbeitet das Unternehmen zahlreiche andere Getreide wie Hirse, Kamut oder Dinkel. So können in Predazzo aus hundert verschiedenen Nudelformen mit unterschiedlichen Rohstoffen bis zu 3000 verschiedene Nudeln hergestellt werden. Mit 45 Mitarbeitern produziert die Teigwarenfabrik heute mehr als 7 000 Tonnen Biopasta im Jahr. Rund 10 000 Tonnen Getreide beziehen das Unternehmen von einer der ersten und mittlerweile größten italienischen Biomühle Molino Grassi in Parma. 

„Eine Nudel ist nicht einfach eine Nudel“, erklärt Felicetti. „Im Herstellungsprozess bestim- men die vier großen Zauberer der Getreide, Mühle, Matrize und Trocknung über die Nudelqualität.“ Der Glutengehalt der Rohware, der Vermahlungsgrad, das Material der Matrize zur Nudelherstellung sowie Dauer und Temperatur der Trocknung beeinflussen das Endprodukt in erheblichen Maße (siehe Produktionstext).  So werden beispielsweise Dennree-Nudeln mit Teflon-Matrizen hergestellt.  Die Pasta erhält dadurch eine glatte, stabile Oberfläche und entlässt die Stärke nicht so schnell. Dadurch wird der Papp-Effekt minimiert. „Dennree muss als Familienprodukt leicht zu kochen sein und allen am Tisch schmecken“, erläutert der Exportleiter. Dass unterschiedlichen Interessen innerhalb einer Familie nicht so leicht unter einen Hut zu bringen sind, weiß der Vater von zwei kleinen Jungen nur zu gut. Auch als Teil der Führungscrew des Familienunternehmens legt er daher großen Wert auf gemeinsame Entscheidungsprozesse.  

Insgesamt sechs Familienmitglieder sind n strategischen Unternehmensbereichen tätig. Das Familienoberhaupt Valentiono Felicetti ist als Präsident des Unternehmens für den Getreideverkauf und die Finanzen zuständig. Ab nächsten Jahr will es der agile 74- jährige jedoch etwas ruhiger angehen und nur noch als Berater der vierten Generation agieren. Zu dieser zählen neben seinen Söhnen Riccardo als Export- und Vertriebsleiter und Enrico als Handelsvertreter noch seine beiden Neffen Paolo und Stefano sowie seine Nichte Nadia. Enrico und Nadia sind für den italienischen Markt zuständig. Paolo Felicetti zeichnet als Produktionsleiter für die komplette Technik sowie Neuinvestitionen und sein Cousin Stefano für die Logistik und die Disposition der Rohstoffe sowie das Büro in Predazzo verantwortlich. „Nach außen spiele ich en Chef, doch innerhalb der Firma habe ich absolut keine Bedeutung. Mit dieser Aufgabenverteilung fahren alle sehr gut“, erläutert Exportleiter Riccardo Felicetti augenzwinkernd die Rollenverteilung innerhalb der Großfamilie.  

Derzeit stellt die Führungscrew die Weichen für einen weiteren Ausbau des Familienunternehmens. So sollen in den nächsten vier Jahren insgesamt rund 15 Millionen Euro in die Produktion und Lagerung investiert und damit der Umsatz von derzeit 26 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro ausgebaut werden. Neben einem neuen Hochregallager mit 5000 Palettenplätzen sind zwei neue Produktionsmaschinen und eine neue Verpackungsanlage geplant. „Die Investitionen sind notwendig, um den Kundenwünschen gerecht zu werden“, erläutert Riccardo Felicetti die strategische Zukunftssicherung der Pasta-Dynastie. Schließlich erkunden bereits vier Großcousins aus der fünften Generation auf kleinen Fahrrädern das Betribsgelände.