Felix Hagenauer

Mehr Komfort für Kühe

Mit seinem umgebauten Stall sieht sich Naturlandbauer Felix Hagenauer für die Zukunft gut gerüstet. Zufriedene Kühe und sehr gute Qualitäten der Bio-Alpenmilch sichern den Fortbestand des kleinen bayerischen Biohofes.

„Mir ist der erste Schritt zum Bioanbau nicht schwer gefallen, weil ich wusste, dass es in früheren Zeiten auch funktioniert hat“, sagt Felix Hagenauer. Seit 1835 wird der Milchviehvertrieb im Berchtesgadener Land on der Familie Hagenauer bewirtschaftet. Die zunehmende Abhängigkeit der Landwirtschaft von den großen Chemiekonzernen in den vergangenen Jahrzehnten war dem überzeugten Milchbauern schon immer ein Dorn im Auge. Er sieht sich als Unternehmer für dumm verkauft, wenn die Hersteller von Mineraldünger höchstens die Hälfte der Inhaltsstoffe deklarieren müssen. „Wer weiß denn schon, was neben Stickstoff, Phosphor und Kali noch alles beigemengt wird“, fragt sich Hagenauer. Wenn der Landwirt den Dünger ausbringe, sei er letztendlich dafür verant- wortlich.

Als die Molkerei Berchtesgadener Land Ende er Neunziger Jahre noch zusätzliche Bio-Milchlieferanten suchte, schloss sich der kritische Landwirt mit 26 Milchkühen und 20 Hektar Nutzfläche dem Natur-Verband an. „Für uns war die Umstellung eine sinnvolle Alternative zu Betriebserweiterung“, so Hagenauer. In der Gemeinde galt er damals als Exot. Bis heute ist er der einzige Biobauer geblieben. Doch Felix Hagenauer ist gewohnt eigene Wege zu gehen, wenn das Gros aus seiner Sicht in die falsche Richtung marschiert. So ließ sich der ehemalige CSU-Gemeinderat aus Ärger über die Gebietsreform konsequent über eine eigene Liste wählen.  

Im vergangenen Jahr baute der bayrische Freigeist seinen Anbindestall mit viel Eigenleistung zu einem Laufstall mit einem „altersgerechten“ Melkstand um. Neben dem praktischen Aspekt für die tägliche Arbeit bestimmte die Planung ein verbesserter „Kuh-Komfort“ für die vierbeinigen Milchproduzentinnen. Von der Weide aus können die Kühe nun jederzeit einen kombinierten Wohn-/Schlafbereich betreten. Elektrische Rollos sorgen hier für Windschutz, Schatten oder die besonders beliebt Fernsicht. „Eine Kuh ist von Natur aus neugierig. Sie ist eben ein weibliches Wesen“, witzelt der Experte. Hagenauer und lässt das Rollo weiter nach oben fahren. An die bequemen liegeboxen mit Aussicht schließt dich das Wellness-Center mit Massagebürsten an, das von den vierbeinigen Bewohnerinnen gerne genutzt wird. Bevor die Fleckviehkühe zu ihrem Esszimmer schreiten können, müssen sie durch den neuen „Funktionsraum“: dem Melkstand. Warnungen von Berufskollegen, dass die Kühe aus Anbindehaltung  den neuen Melkstand anfangs nur wiederwillig betreten werden, haben sich nicht bewahrheitet. Die weibliche Neugierde der trainierten Weidekühe hat gesiegt. Sie haben die Liegeboxen und den nagelneuen Fischgräten-Melkstandproblemlos akzeptiert. Als vorteilhaft erwies sich im Nachhinein allerdings auch, dass der Monteur für den Einbau der Melktechnik drei Stunden länger bräuchte als geplant. Statt um fünf konnte abends erst um acht Uhr gemolken werden. So wurde die Technikakzeptanz vielleicht ein klein wenig durch den erhöhten Milchdruck im Euter beeinflusst.

Nach dem Melken wartet für die Kühe im großzügig geschnittenen „Esszimmer“ jeden Abend eine zusätzliche Ladung frisch gemähtes Gras, Heu, Getreideschrot und Mineralfutter auf dem Futtertisch. „Meine konventionellen Kollegenfüttern das ganze Jahr kontinuierlich Silomais, Silage oder Heu. Bei uns gibt es kein Ganzjahresfutter aus der Konserve“, erläutert Hagenauer die Vorteile der Biomilch. Vom Frühjahr bis zum Herbst stehen seine Kühe auf der Weide. „Unsere Bio-Alpenmilch weist im nationalen Vergleich die besten Werte für wertvolle Inhaltsstoffe wie Omega-3-Fettsäuren auf“, verweist der Biobauer stolz auf eine Studie zur Milchqualität der Uni Kassel.  

Durch die besonderen Produktionsbedingungen und den Verzicht auf chemische Spritzmittel sowie Mineraldünger ist der Bioanbau allerdings auch viel stärker von Wettereinflüssen abhängig. „Zu viel oder zu wenig Regen gleicht der konventionelle Betriebe mit gezielten Stickstoffabgaben aus. Das kann ein Biobetrieb nicht“, erläutert Hagenauer. In einem kalten Frühjahr baut sich der Stallmist dann eben erst viel später zu Ammonium um, die Pflanzen erhalten die notwendigen Düngestoffe dann verspätet. „Als Biobauer ist man dem Wetter stärker ausgeliefert, doch man kann damit arbeiten“, zieht Hagenauer Bilanz.  

Einen Laufstall für 26 Kühe zu konzipieren, der sich rechnet, ist eine besondere Kunst. Die meisten Firmen fangen mit ihren Planungen erst bei 120 Tieren an. „Ein kompletter Neubau hätte rund 500 000 Euro gekostet, das wäre für uns nicht finanzierbar gewesen“, erläutert Hagenauer. Mit viel Eigenleistung baute er daher seinen alten Stall für insgesamt 120 000 Euro um. Bei einer Milchquote von 137 000 Litern in der heutigen Zeit trotzdem eine durchaus mutige Entscheidung. „Wir mussten den Betrieb so organisieren, dass er auch in Zukunft praktisch zu bewirtschaften ist“, begründet der 57-Jährige  den Schritt. Seine Frau Irmi stammt von einem biologischen Milchvertrieb und kann sich ein Leben ohne Fleckfellkühe kaum vorstellen. „Wenn ich die Arbeit nicht gerne machen würde, hätten wir keine Kühe“, argumentiert die 50-Jährige. „Die Familie muss allerdings dahinter stehen. Jeder muss mal einspringen können:“ Ob Musiklehrer, Vertriebsassistentin oder Industriemechaniker – ihre drei Kinder Felix, Angelika und Sepp wohnen alle noch zu Hause und können jederzeit in dem Betrieb einspringen. Der Naturlandhof ist heute so aufgestellt, dass er von der nachfolgenden Generation mit Hilfe der Eltern auch im Nebenerwerb bewirtschaftet werden kann. Der jüngste Sohn Sepp kann sich allerdings durchaus vorstellen, den Betrieb später mit 40 Kühen auch im Vollerwerb zu führen. Das selbst bestimmte Leben als Landwirt gefällt ihm. Nach seinem Arbeitstag in der Industrie macht es ihm Spaß, den 14 Jungrindern auf der Weide ein frischgefülltes Wasserfass  vorbei zu fahren oder frisches Futter für die Kühe zu mähen.  

Felix Hagenauer erinnert sich jedoch noch gut an Zeiten, in denen der Betrieb nicht genug abwarf um im Nebenerwerb zusätzlich im Maschinenring arbeitete. Er sieht die Zukunft seines Betriebes eher auf mehreren Standbeinen verteilt. So steuert neben der Milchwirtschaft die Vermarktung von kaminfertigen Brennholz ihren Teil zum Betriebsergebnis bei. Immerhin gehören rund 11,4 Hektar Wald zum Hof. Weitere Einnahmen erzielt der Betrieb aus der Vermietung von drei Wohnungen im alten Resthof. Auch mit der Direktvermarktung von Fleisch hat man schon gute Erfahrungen gemacht. „Man muss eben das Beste aus dem machen, was man hat“ – lautet die Devise von Felix Hagenauer. Unflexible Planungen führen aus seiner Sicht zu einer Gratwanderung in der Landwirtschaft. Für die unsichere Zukunft fühlt sich seine Frau Irmi jedoch gut gerüstet. „Ich kann mir gut vorstellen, dass einmal eine Zeit kommt, wo wir froh sind, Landwirtschaft zu haben und uns selbst versorgen können.“
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